Mittwoch, 18. Dezember 2013

Alles Gold?

Das Bürgernachrichten-Portal Huffington Post gibt es seit Oktober 2013 auch in Deutschland – Eine Verbesserung für den hiesigen Bürgerjournalismus?

Die Huffington Post gibt es seit Oktober 2013 auch in Deutschland. Die daran geknüpften Erwartungen wurden von Betreibern der Plattform mächtig geschürt und sind entsprechend hoch. Seit gut zwei Monaten ist die Plattform in Deutschland online, Zeit eine erste Bilanz zu ziehen. Das Konzept Huffington Post wird dazu kurz erläutert, um im nächsten Schritt zu fragen: Was bedeutet die Huffington Post für die deutschen Bürgerjournalisten?

 

 







Die Gründerin der Huffington Post, Arianna Huffington, am 10.10.2013 in München.
Quelle: Rest / Meißner 2013


Das Konzept Huffington Post

Die Huffington Post wurde 2005 als Nachrichtenplattform online gestellt und avancierte schnell zu einem beliebten Informationsmedium der Amerikaner. Seit 10.10.2013 gibt es nun eine deutsche Ausgabe des Online-Portals. Das Grundprinzip basiert auf einen Mix unentgeltlicher  Mitarbeit registrierter User und von professionellen Journalisten (bspw. in Form von dpa-Meldungen). Dabei werden zumeist Inhalte anderer Medien aufgegriffen, zusammengefasst oder kommentiert.
Die Nutzer können ihre Gedanken über das Portal mitteilen, aber auch andere Plattformen nutzen, wo die Huffington Post vertreten ist, wie etwa Facebook, Twitter oder was überrascht, in Form von Audiobeiträgen zum Beispiel via Soundcloud:


Aleya's Song 
CLIP: Michael Smerconish interviews President Barack Obama in the Oval Office 10-26-12

Die Beispiele verdeutlichen die Spannweite der Beiträge, die von selbst eingesungen Liedern  bis hin zu selbst geführten Interviews reichen. Die geringe Anzahl an Followern (169) verdeutlicht allerdings, dass dieses Format nicht recht zur Huffington Post passen will. Traditionelle Medienunternehmen wie die ZEIT oder taz kritisieren die Themenwahl  (vgl. Kruse 2013 und Raab 2013) und bezeichnen die Huffington Post als „[h]ässliche Konkurrenz“ (Kruse 2013).
Anders als in den USA, ist die Huffington Post unter dem Dach des Burda-Verlags angesiedelt, wozu auch Focus online gehört (vgl. Biermann 2013 und Raab 2013).


Das Logo der deutschen Ausgabe -
die Kooperation mit Focus wird hier deutlich:












Quelle: Startseite der Huffington Post Deutschland 2013  


Der Verlag hat sich vorgenommen, mit Werbeeinnahmen an der Seite zu verdienen. Es wird wenig in die Seite investiert, aber viel erwartet (vgl. Kruse 2013). Es überrascht daher nicht, dass Focus online nur Positives über den Launch zu berichten weiß: vom Beginn einer „neue[n] journalistische[n] Ära“ (Focus online 2013) ist die Rede, wo die Leser „all die Geschichten finden, die Menschen täglich bewegen“ (ebd.). Doch ist dem wirklich so? Ist alles Gold, was glänzt?
Verlag und Plattform suggerieren dem Nutzer eine neue Möglichkeit der Beteiligung. Doch was ist daraus geworden? Beziehungsweise welches Potential kann möglicherweise daraus entwachsen?


Bedeutung für den Bürgerjournalismus

Viele traditionsreiche Medienunternehmen wie Le Monde oder die Bild-Zeitung haben erkannt, dass es sich lohnt die Laien in das eigene Format zu integrieren. Doch gleicht die Arbeit jener Unternehmen noch immer eher einem „Experimentieren“ (Gillmor 2007).

Eine Zusammenarbeit beider kann sich dennoch bewähren. Kopp und Schönhagen argumentieren, dass gerade in kleinen Kommunikationsräumen die Rolle der Bürgerredakteure bedeutsam sein kann: Würden Bürger nicht selbst zu Wort kommen können und ihre Themen mitteilen, wäre es schlichtweg für den Lokaljournalisten nicht zu bewältigen diese Lücke zu schließen. Ihm fehlen häufig die Ressourcen, allen Argumenten auf den Grund gehen zu können (vgl. ebd.). Davon kann bei der Huffington Post allerdings (noch) nicht die Rede sein: Die Themen kreisen auf einer anderen Ebene. Es sind nicht die alltäglichen, lebensnahen Themen, sondern es werden vorwiegend Prominente, Politiker auf Bundesebene oder zum Beispiel Wellnesshotels im Test (vgl. Huffington Post 2013).

„[D]urch Bürgerreporter finden professionell recherchierende Journalisten Argumente und Informationen aus erster Hand, können Veränderungen und Gefahren rechtzeitiger aufspüren“ (Prinzing 2007). Doch klingt hier bereits an, dass es beim Journalismus nicht nur um das bloße Veröffentlichen geht, sondern auch um das Selektieren von Informationen, was wichtig für jene ist, denen die Zeit, die Kompetenz oder die Ressourcen dazu fehlen, aus der Informationsflut auszuwählen. Hier zeigt sich, wie wichtig und fruchtbar eine Zusammenarbeit zwischen professionellen und Bürgerjournalisten sein kann. Der professionelle Journalist verfügt über die Expertise, im Sinne der Geltungsansprüche nach Habermas (z.B. 1995) verständlich, wahrhaftig, wahr und richtig zu veröffentlichen. Kritisch sind in diesem Zusammenhang die Geltungsansprüche Wahrheit und Richtigkeit zu hinterfragen. Der Laie mag durchaus der Ansicht sein, dass das, worüber er berichtet, aus seiner subjektiven Sicht wahr ist. Aber möglicherweise ist sein Urteil auf Grund der Nähe zum Thema verzerrt (was auf eine Verletzung der Wahrhaftigkeit hindeuten würde). Hier kann der professionelle Journalist als eine Art Kontrollinstanz fungieren.


Fazit

Neue Beiträge über die Huffington Post sucht man in den anderen Nachrichten-Portalen wie ZEIT online zwei Monate nach dem Launch vergebens. Doch sagt dies möglichweise nicht viel über dessen tatsächliche Bedeutung aus. Es lässt sich festhalten, dass in der Tat ein Bedarf an Teilhabemöglichkeiten der Bürger am journalistischen Prozess besteht und auch traditionelle Unternehmen haben dies erkannt und integrieren Bürger zusehends in ihrer Berichterstattung. Die Huffington Post zeigt hier neue Formen der Integration auf. Allerdings scheinen diese noch nicht ausgereift. Konzepte, die in den USA funktionieren, müssen für den deutschen Markt möglicherweise modifiziert werden. Das mag auch zu einem großen Teil mit dem hiesigen Rollenverständnis von Journalisten zusammenhängen, wo der Fokus darauf liegt, die Information zu entlohnen, nicht die dadurch generierte Aufmerksamkeit. Es ist demnach nicht alles Gold was glänzt, es kann aber noch werden.

Mirabelle Plouffe, 18.12.2013


Literatur

Biermann, Kai (2013): Onlinemedien: Huffington Post baut mit Tomorrow Focus eine deutsche Ausgabe. In: ZEIT online, veröffentlicht am 30.04.2013. URL: http://www.zeit.de/digital/internet/2013-04/huffington-post-deutsch-focus [18.12.2013].

Focus online (2013): Huffington Post Deutschland: Die erfolgreichste Seite der USA kommt nach Deutschland. In: Focus online, veröffentlicht am 10.10.2013. URL: http://www.focus.de/intern/intern/huffington-post-deutschland-erfolgreichste-seite-aus-den-usa-kommt-nach-deutschland_aid_1125134.html [18.12.2013].

Gillmor, Dan (2007). Bürgermedien: Ein Zwischenbericht. URL: http://www.readers-edition.de/2007/07/18/buergermedien-ein-zwischenbericht/ [22.11.2013].

Habermas, Jürgen (1995): Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Kopp, Mirjam; Schönhagen, Philomen (2007): Bürgerjournalismus. Bedrohung oder Ergänzung der professionellen Medien? In: Medienheft (16. April 2007), S. 1-7.

Kruse, Jörn (2013): Huffington Post Deutschland: Hässliche Konkurrenz. In: taz.de, veröffentlicht am 10.10.2013. URL: http://www.taz.de/!125266/ [18.12.2013].

Prinzing, Marlies (2006): Bürgerjournalismus. Präsent, wenn’s brennt. In: EJO - European Journalism Observatory. URL: http://de.ejo-online.eu/336/ethik-qualitatssicherung/burgerjournalismus [24.11.2013].

Raab, Klaus (2013): Deutsche "Huffington Post": Da schreien die Ausrufezeichen!! In: ZEIT online, veröffentlicht am 10.10.2013. URL: http://www.zeit.de/kultur/2013-10/huffington-post-deutschland-start [18.12.2013].

Rest, Jonas; Meißner, Juliane (2013): Huffington Post DeutschlandDie Huffpo ist da! KLICKT ENDLICH! In: Berliner Zeitung online, veröffentlicht am: 10.10.2013. URL: http://www.berliner-zeitung.de/medien/huffington-post-deutschland-die-huffpo-ist-da--klickt-endlich-,10809188,24587196.html [18.12.2013].


Linkliste [zuletzt zugegriffen am 17./18.12.2013]

http://www.huffingtonpost.de/
https://soundcloud.com/the-huffington-post/aleyas-song
http://www.zeit.de/digital/internet/2013-04/huffington-post-deutsch-focus
http://www.focus.de/intern/intern/huffington-post-deutschland-erfolgreichste-seite-aus-den-usa-kommt-nach-deutschland_aid_1125134.html
http://www.taz.de/!125266/
http://www.zeit.de/kultur/2013-10/huffington-post-deutschland-start
http://de.ejo-online.eu/336/ethik-qualitatssicherung/burgerjournalismus
http://www.readers-edition.de/2007/07/18/buergermedien-ein-zwischenbericht/
https://soundcloud.com/the-huffington-post/smerconish-obama-powell
http://www.berliner-zeitung.de/medien/huffington-post-deutschland-die-huffpo-ist-da--klickt-endlich-,10809188,24587196.html

Montag, 1. Juli 2013

Integriert oder geduldet?

Zur Rolle der Bürgerjournalisten als Informationslieferanten


In diesem Beitrag werden die verschiedenen Modelle des Mitmachens thematisiert. Der Bürgerjournalismus wird dabei nicht nur als Partizipationsmöglichkeit verstanden, sondern darüber hinaus auch als integraler Bestandteil professioneller journalistischer Arbeit in Hinblick auf die Informationsbeschaffung. Als Roter Faden dient dabei das Verhältnis von Bürgerjournalisten und professionellen Journalisten, was sich auf einem schmalen Pfad von Miteinander und Gegeneinander zu bewegen scheint.

Beim letzten Blog-Eintrag wurde danach gefragt, wer nun „echte“ Medienmacher seien. Eine Begriffsbestimmung geht einher mit den unterschiedlichen Modellen des Mitmachens, die wiederum für verschiedene Arten von Partizipationsmöglichkeiten von Bürgern an publizistischen Produkten stehen. Der Bürgerjournalismus ist von der Intensität der „Mitmach-Möglichkeiten“ eher im Mittelfeld anzusiedeln. Dabei stellt sich die ganz entscheidende Frage wie sich die Rollen von Profession und Partizipation zueinander verhalten. Inwiefern ist eine Zusammenarbeit der verschiedenen Seiten erwünscht? Zum Einstieg in die Thematik dient dieses recht plakative, nichtsdestotrotz anschauliche Video eines Youtube-Nutzers:

















Quelle: uwacomm2203 (2008)

Die Dringlichkeit des Themas wird deutlich, wenn ländliche Gebiete wie zum Beispiel der Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern betrachtet werden. Auf einen Qualitätsjournalisten der Schweriner Volkszeitung kommt hier ein Gebiet von der Größe des Saarlandes, was es mit Berichten abzudecken gilt – kaum möglich für einen einzelnen. Daher kann für dieses Gebiet auch nicht mehr von einer ausgewogenen Berichterstattung gesprochen werden, bei der alle potentiellen Teilnehmer des Diskurses im Sinne des deliberativen Modells von Habermas zu Wort kommen können. „Vor Ort stirbt somit die Kommunikationskultur ab, was den Zusammenhalt des Gemeinwesens großen Schaden zufügt“ (ZdT 2013). Daher können Bürgerjournalisten hier als Scharnier fungieren um diese Lücke zu schließen. Dazu wurde ein ambitioniertes Projekt im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ der Bundeszentrale für politische Bildung initiiert: „die AUFmacher – Neue Medienangebote von und für Bürger/-innen im Landkreis Ludwigslust und Vogtlandkreis“.

Wie ambitioniert solche Projekte auch sein mögen, so sollte man sich doch kritisch fragen: Wer trägt eigentlich die Verantwortung für die veröffentlichten Informationen? In Bezug auf Mitmach-Modelle, in denen Journalisten (mehr oder weniger) Hand in Hand mit Bürgerjournalisten arbeiten, sind es dann die Bürgerjournalisten, die Verantwortung für ihre Quellen hinsichtlich Wahrhaftigkeit der Informationen und Datenschutz tragen oder sind es die Journalisten, denen nun quasi eine Mediatorrolle zukommt, „bei der sie User-Generated-Content aufgreifen, filtern und weiterreichen“ (Ebermann et al. 2010: 2)? Doch zunächst soll der Bürgerjournalismus innerhalb der verschiedenen Mitmach-Modelle verortet werden, um im Anschluss die eben gestellten Fragen aufzugreifen.


Modelle des Mitmachens

Aus dem Dreieck Profession-Technik-Partizipation von Neuberger entspringen verschiedene Möglichkeiten des Mitmachens, die den Laien in unterschiedlicher Intensität in den journalistischen Alltag einbinden. Welker unterscheidet fünf verschiedene Modelle. Vom ersten bis zum letzten Modell nimmt der Anteil der eigenständigen Arbeit und somit die Verantwortung der Laien als Informationslieferanten zu. Dabei kann der Übergang zwischen den Modellen häufig fließend verlaufen, die Abstufungen sind idealtypisch.

1 Long Tail Journalism (Nischenjournalismus)
Kennzeichen des Modells sind eine sowie räumlich als auch thematisch eingeschränkte Berichterstattung, die wiederum nur an ein spezialisiertes Publikum gerichtet ist.

2 Public, Civic, Communitarian & Community Journalism (Partizipativer Journalismus, Lokaljournalismus)
Hierbei wird Journalismus als öffentliche Aufgabe verstanden, indem der Bürger über die Belange der Gemeinschaft informiert wird, wird die Bereitschaft gefördert, Verantwortung für diese zu übernehmen. Bürgerliche Partizipationsmöglichkeiten sollen dabei die Distanz zwischen Redaktion und Gemeinde verringern.

3 Citizen & Grassroot Journalism (Bürgerjournalismus, Laienjournalismus)
In diesem Konzept ist jene Form des Journalismus verankert, um den sich dieser Blog dreht: Der Bürgerjournalismus. Der Begriff wird gemäß Welker definiert als aktive Teilnahme der Nutzer (Bürger)
„als Produzenten von Inhalten [...], sei es als Lieferanten von Augenzeugenberichten, Reporter vor Ort oder als Produzenten von Gastbeiträgen. [...] Graswurzel-Journalismus nutzt die authentischen Beobachtungen und Erfahrungen von Laien, die aber von Journalisten noch bearbeitet werden können. Betroffenheitsschilderungen oder Informationen aus erster Hand ergänzen somit das professionelle journalistische Angebot.“ (Welker 2013)

4 Peer-to-peer & Open-source Journalism (Kollaborativer Journalismus)
Dem Laien wird bei dieser Form noch mehr Eigenverantwortung übertragen, indem Gruppen von Mediennutzern an der Erstellung, Überarbeitung oder Informationsbeschaffung der Artikel direkt beteiligt werden. Dabei werden sie auch hier von den Profis angeleitet. Pate für dieses Prinzip steht das Modell kollaborativer Softwareerstellung: Eine große Zahl an dezentralen Mithelfern arbeiten an einer gemeinsamen Publikation.

5 Watchdog (Citizen) Journalism
Hierbei liegt das Gewicht im Dreieck nach Neuberger eindeutig auf der Dimension der Partizipation. Laien sind die Berichterstatter, Kontrolleure oder aber auch die Kritiker. Damit nehmen die Laien eindeutig zentrale journalistische Arbeiten auf.

 Gisiger betont, dass nahezu täglich neue Bezeichnungen für einen partizipativen Journalismus entstehen, so dass es unmöglich sei, diese Thematik abschließend darzulegen. Dies liegt wohl an der Natur der Sache: Die Dynamik und die die schiere Vielgestalt des Gegenstandes „Soziale Medien“. Folgende Beispiele verdeutlichen diesen Aspekt.


...im Netz

Huffington Post
Readers Edition
Citizen Times
















Quelle: Truthloader (2013)

... Bürgerzeitungen



Für und Wider
„Wer christlich, heterosexuell und bürgerlich ist, neigt dazu (nicht nur im Journalismus, aber auch dort), sich selbst für neutral und den eigenen Blick für verallgemeinerbar zu halten“ (Emcke 2013).
Demzufolge gehen Journalisten davon aus, dass der fiktive Leser, Hörer oder Zuschauen dem Journalisten ähnlich sehe, aber häufig eben doch nicht der Fall ist. Diese Überlegung stammt von einer Journalistin, die sich im Rahmen des ZEIT-Magazins auf Spurensuche nach der Demokratie begibt. Anlässlich dafür schaute sie sich die Funktionsweise der Redaktion der Tagesthemen einmal näher an sowie auch die Einbindung von Social Media.  Das Statement zu Beginn verdeutlicht die Wichtigkeit der Integration des Publikums in den journalistischen Alltag, da auf Grund von Routinen das angemessene Hineinversetzen in den Rezipienten nicht mehr möglich ist und somit der Auftrag nach Meinungspluralität gefährdet ist.

Es wäre allerdings zu optimistisch gedacht, wenn die neuen bürgerjournalistischen Bewegungen als durchweg positiv zu sehende Ergänzung zur professionellen journalistischen Arbeit zu sehen wäre. Hinsichtlich der Informationsbeschaffung und –verarbeitung ergeben sich Vor- aber auch Nachteile, die an dieser Stelle reflektiert werden sollen.

Pro
  • Befürworter sehen den Vorteil in der Ergänzungsleistung durch Hinweise und Anregungen einer vernetzten Leserschaft. Verschiedene Sichtweisen zu einem Thema können somit dargelegt werden und stellen somit auch eine Kontrollfunktion der Journalisten dar.
  • Aufgrund ihrer Eingebundenheit am Ort des Geschehens, können Bürgerjournalisten Zugang zu besonderen Quellen erhalten. Sie dienen als wichtige Informationslieferanten für die journalistische Arbeit, besonders in Krisensituationen oder politischen Konflikten.
  • Positiv hervorzuheben ist deren institutionelle Unabhängigkeit. Sie sind keinem Geldgeber verpflichtet, der beispielsweise einem einer politischen Richtung zuzuordnen ist. Dazu gehört aber auch Unabhängigkeit von wirtschaftlichen Unternehmen. Diese Entkopplung von publizierendem und wirtschaftlichem System entspräche der dem freiem Austausch der Argumente im Sinne des Diskurses nach Habermas.

Contra
  • Dass nicht alles Gold sein, was glänzt, wurde bereits angedeutet. Kritiker des Bürgerjournalismus sehen die Arbeit und Standards des professionellen Journalismus gefährdet. Die Prinzipien des Journalistenberufsstandes gingen dadurch verloren.
  • Der Bürgerjournalismus wird als Zusammenspiel von Schwachen betrachtet, da nicht nur die Autoren sondern auch die Quellen in der Regel keinen professionellen Hintergrund haben und damit nicht in der Lage sind, den Ansprüchen des Qualitätsjournalismus zu genügen.
  • Im Fall von umfangreicheren Recherchen kann nicht auf strukturelle und personelle Ressourcen einer Redaktion zurückgegriffen werden bspw. können sie keinen Bildreporter an den Tatort schicken oder sonstige Reporter für Befragung möglicher Augenzeugen aussenden. Zur Verdeutlichung kann das Feldschema der Massenkommunikation von Maletzke herangezogen werden. Demnach ist das Handeln des Kommunikators auf verschiedene Weise bestimmt oder wird überhaupt erst ermöglicht. Das betrifft seine Eingebundenheit in Insitutionen (Deutscher Journalistenverband, Verlag, etc.), dem Team (Redaktion), sein eigenes Selbstbild und Berufsverständnis, seine Persönlichkeit und sonstige soziale Beziehungen. Dem Laien kann vice verso mangelnde Sozialisierung mit dem Mediensystem vorgeworfen werden. Die innewohnende Medienlogik wird zu wenig verstanden und somit fehlen Kenntnisse zu Standards und konkreten Anforderungen innerhalb der Medienbranche. Besonders werden in diesem Atemzug die mangelnden Kenntnisse journalistischer Ethik betont. Sofern überhaupt organsierte Strukturen vorhanden sind, sind diese meist unterfinanziert und die agierenden Autoren würden zu wenig kontrolliert.

Welche Verantwortung tragen also Bürgerjournalisten gegenüber den publizierten Inhalten und ihren journalistischen Quellen?

Durch Bürgerjournalismus entsteht das journalistische Produkt auf Grund des Zusammenspiels von Profession und Partizipation. Es ist davon auszugehen, dass dem professionellen Journalisten hierbei eine Mediatorrolle zukommt, indem er von Bürgern generierte Inhalte aufgreift. Dabei spielt seine Expertise als Journalist eine Rolle, denn er kennt das Mediensystem und seine innewohnende Logik. Demnach liegt es in seiner Verantwortung, entsprechend den journalistischen bei der Informationsbeschaffung anzuleiten und gleichzeitig als Korrektiv zu fungieren. Das wiederum soll den Laien nicht von seiner Verantwortung gegenüber seinen Quellen und ausgewählten Informationen entbinden. Er soll nicht als verlängerter Arm des Journalisten arbeiten, sondern in der Lage sein, eigenverantwortlich Gelerntes umzusetzen und Verantwortung für die eigene Arbeit zu übernehmen. Nur somit kann er als mündiges Mitglied im Diskurs auftreten.
Die Überlegungen sollen mit einem Fazit von Felix Strüning, Chefredakteur der Citizen Times, geschlossen werden:
„So gesehen ist das Wort “Bürgerjournalismus” wirklich ein Versprechen und kein Abgesang. Die Massenmedien muss er dabei gar nicht ablösen. Es reicht schon, wenn er korrigierend wirkt und Lücken füllt.“

Mirabelle Plouffe, 01.07.2013
 


Literatur
Daou, Rita (2012). Lebensgefährliche Youtube-Videos. URL: http://www.stern.de/politik/ausland/buergerjournalismus-in-syrien-lebensgefaehrliche-youtube-videos-1784706.html [23.06.2013].

Ebermann, Jana et al. (2010). Die Rolle von Journalisten in Sozialen Medien am Beispiel Twitter. Paper zur Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaft (SGKM) 2010. URL: http://www.alexandria.unisg.ch/publications/61118 [28.06.2013].

Emcke, Carolin (2013). Aller Tage Abend. Welchen Anspruch haben Fernsehnachrichten? Aus der Reihe: Emckes Expiditionen. Auf der Suche nach der Demokratie. In: ZEIT-Magazin, 26/2013, S. 22-32.

Gillmor, Dan (2004). We the Media. Grassroots Journalism by the People, for the People. Sebastopol: O'Reilly Media. Siehe auch URL: http://oreilly.com/openbook/wemedia/book/index.html [23.06.2013].

Gisiger, Michael (2007). Bürgerjournalismus – Versuch einer Begriffsbestimmung. URL: http://www.readers-edition.de/2007/09/18/buergerjournalismus-versuch-einer-begriffsbestimmung/ [23.04.2013].

Strüning, Felix (2010). Bürgerjournalsmus – Qualität oder lediglich Rauschen?. URL: http://www.citizentimes.eu/2010/08/19/burger-journalismus-qualitat-oder-lediglich-rauschen/ [23.04.2013].

Initiative für Pressefreiheit (2013). Citizen Times. URL: http://www.pressefreiheit.biz/medien/citizen-times/ [23.04.2013].

Welker, Martin (2013): Inklusions- und Partizipationsleistungen im Journalismus: theoretische Grundlinien und Heuristik aktueller Erscheinungsformen. In: kommunikation@gesellschaft, www.kommunikation-gesellschaft.de, Jg. 14, Beitrag 1. Online-Publikation: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-327804 [23.06.2013].

Linkliste
http://www.buergermedien.de/
http://www.huffingtonpost.com/
http://www.readers-edition.de/
http://www.citizentimes.eu/
http://www.jugendpresse.de/projekte-und-veranstaltungen/workshops-und-seminare/die-aufmacher/presse/
http://www.youtube.com/watch?v=imJ4jSPD5uE
http://www.youtube.com/watch?v=aDG3bIyuJJo
http://www.zusammenhalt-durch-teilhabe.de/

Samstag, 8. Juni 2013

Wo stehen die Bürgermedienmacher?

Sie werden als Bürgerjournalisten, als Laienpublizisten oder eben auch als Bürgermedienmacher bezeichnet. Die Begriffe zirkulieren um die gleiche Sache: Nicht-Professionelle stellen in alternativen Medien eine Plattform für ihr Engagement her. Sie fungieren dabei in der Rolle von Kommunikatoren. Was unterscheidet sie von jeden anderem beliebigen Blogger, Radiotreibenden, usw.? Oder was sind „echte“ Bürgerjournalisten, wie thunderhand auf onlinezeitung24.de fragt? Dem soll im Folgenden nachgegangen werden.

„Die Legitimationsbasis für Bürgermedien könnte nicht besser sein“ konstatiert Kurt Imhof anlässlich einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung 2012. Dafür bringt er folgende Gründe:

1. Die Bürgermedien wurzeln im universalistischen Anspruch auf Vernunft.

Damit erbringt er den Schulterschluss zum Gedankengut der Aufklärung. Nach seiner Ansicht vermögen es Bürgermedien religiöse und ständische Unterschiede zu überwinden, es entsteht ein universalistischer Anspruch hinsichtlich Themen, Meinungen und Akteuren. Dies bringt eine freie öffentliche Kommunikation hervor. Menschen können auf Basis dessen Allgemeingültiges entscheiden und rechtsgültig beschließen.

2. Die Bürgermedien wurzeln im dezentralisierten Räsonnement.

Pate für diesen Gedanken stehen die dezentralen Versammlungsöffentlichkeiten der Aufklärung, welche via periphere Kommunikationsströme Einfluss auf politische Entscheidungsträger üben.

Um die genannten Funktionen ausführen zu können, ergeben sich nach Imhof folgende Aufgaben oder vielleicht besser Pflichten für den Bürgerjournalisten:
 
  1. Die Bürgermedien müssen sich an allen drei Leistungsfunktionen der Öffentlichkeit (Forumsfunktion, Kontroll- und Legitimationsfunktion, Integrationsfunktion) beteiligen.
  2. Die Bürgermedien müssen eine Ausfallbürgschaft für das kommerzielle Mediensystem übernehmen.
  3. Die Sichtbarkeit der Bürgermedien muss erhöht werden.
 
Idealerweise wird es dem Bürgerjournalisten ermöglicht den genannten Pflichten nachzugehen. Dies ist jedoch nicht ohne Weiteres möglich. Imhof formuliert daher folgende Bedingungen, um die Pflichten als Bürgerjournalist angemessen wahrnehmen zu können:

  1. Selbstverständnis der Bürgerjournalisten als universalistische Arena von segmentären, geschichteten und funktionalen Fragmenten von Gesellschaft.
  2. Routinierte Programmstrukturen und Inhalte binden ein potentielles Publikum.
  3. Bürgerjournalisten müssen sich der Medienlogik anpassen, einhergehend mit einer kritisch-reflektierten Beobachtung der professionellen Medien.
 
  

Zur Verortung der Bürgermedienmacher ist es natürlich entscheidend Befürworter und kritische Stimmen zu kennen. Dies folgen im nächsten Post, also dranbleiben!
 

Quellen:
Thunderhand (2008).  Der „ECHTE“ Bürgerjournalist. URL: http://www.onlinezeitung24.de/article/1018 [08.06.2013].
Imhof, Kurt (2012). Die Geltung der Bürgermedien in der Demokratie. Input für FES-Veranstaltung „Bürger machen Medien. Medien machen Bürger“ Berlin, 25.10.2012. URL: http://www.fes.de/medienpolitik/pdf/20121025_Imhof_Text.pdf [08.06.2013].
 

Montag, 3. Juni 2013

coming soon

Hier werden demnächst interessante Aspekte, die das Für und wieder von Bürgerjournalisten beleuchten, gepostet.

Dranbleiben!